Frau Marianne Vorwoold hat während des diesjährigen Bliedeparks auf der Großen Bleiche in Leer im Luthersaal am Patersgang 4 einen Flohmarkt aufgebaut. Durch eine offene Tür konnten Interessierte sich vom vielfältigen Angebot überzeugen, das liebevoll präsentiert wurde. Zahlreiche Besucher*innen des Parks haben auf dem Weg ein schönes Schnäppchen gemacht. 220 Euro Erlös konnte Marianne Vorwoold den Freund*innnen der Lutherkirche überreichen, die ausschließlich für die Finanzierung der III. Pfarrstelle der Lutherkirchengemeinde Leer bestimmt sind.
Die Idee wurde so gut angenommen, dass im kommenden Jahr zum Gallimarkt über ein erweitertes Angebot nachgedacht wird. Interessierte können sich beim Team der Freund*innen oder direkt bei Marianne Vorwoold melden.
Die Ev.-luth. Lutherkirchengemeinde in Leer lädt in Kooperation mit der Stiftung Lutherkirche Leer, der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Leer (ACKL) und dem Verein Kriegsenkel e.V. ein zur Herbstakademie 2020. In der hochkarätig besetzten Reihe geht es 75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs um die Auseinandersetzung mit dem familiären und persönlichen Erbe der Kriegs- und Nachkriegszeit.
ENTFÄLLT Ø Montag, 15.11.2021, 19.00 Uhr: Sabine Bode liest aus ihrem Buch „Kriegsenkel“
FINDET STATT Ø Mittwoch, 17.11.2021, 19.00 Uhr: „Der Krieg in mir“ Film des Filmemachers Sebastian Heinzel
FINDET STATT Ø Donnerstag, 25.11.2021, 19.00 Uhr: „Kriegskinder und Kriegsenkel – zwei, die es schwer miteinander haben.“ Vortrag von Michael Schneider, Hamburg 1. Vorsitzender des Kriegsenkel e.V.
Immer mehr Menschen der Jahrgänge 1960 bis 1975 entdecken sich als „Kriegsenkel“. Was das bedeutet, beleuchtet eine Veranstaltungsreihe der Herbstakademie an der Lutherkirche Leer. Mit dabei: die Autorin Sabine Bode. Ihr Buch zum Thema hat die Problematik dieser Kinder der Kriegskinder einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht.
„Als Friedenskinder sind sie in den Zeiten des Wohlstandes aufgewachsen. Es hat ihnen an nichts gefehlt. Oder doch? Die Generation der zwischen 1960 und 1975 Geborenen hat mehr Fragen als Antworten: Wieso haben viele das Gefühl, nicht genau zu wissen, wer sie sind und wohin sie wollen? Wo liegen die Ursachen für diese diffuse Angst vor der Zukunft? Weshalb bleiben so viele von ihnen kinderlos? Noch ist es für sie ein völlig neuer Gedanke, sich vorzustellen, ihre tief sitzende Verunsicherung könnte von den Eltern stammen, die ihre Kriegserlebnisse nicht verarbeitet haben. Ist es möglich, dass eine Zeit, die über 60 Jahre zurückliegt, so stark in ihre Leben als nachgeborene Kinder hineinwirkt?“
Mit diesen Worten beginnt das Buch „Kriegsenkel“ von Sabine Bode. Es erschien 2009 – und erlebt gerade seine 28. (!) Auflage. Der Gedanke, die Verunsicherung ihrer Generation könne von ihren Eltern stammen, ist immer mehr Angehörigen dieser Generation nicht mehr neu. Dafür spricht nicht nur der enorme Erfolg des Buches. Dafür sprechen auch volle Seminare des Vereins Kriegsenkel e.V., eine wachsende Zahl von Büchern, Filmen und Medienbeiträgen zum Thema. Nach einer längeren Anlaufzeit ist es in der Mitte der Gesellschaft angekommen.
Blitzschlag der Erkenntnis
Wobei die Entdeckung, ein „Kriegsenkel“ zu sein, viele Menschen zunächst wie ein Blitzschlag der Erkenntnis trifft. Natürlich haben sie gewusst, dass ihre Eltern während des Zweiten Weltkriegs Kinder waren, und sie erleben sich in derselben Zeitheimat wie all die anderen. Auch wenn es ihnen ein bisschen peinlich ist, können sie „99 Luftballons“ von Nena und „Mamma Mia“ von Abba auswendig mitsingen, aber dann stolpern sie in einem Buch, Film oder Medienbeitrag über dieses Kunstwort. „Kriegsenkel“. Und dort sehen sie auf einmal das ganze Bündel von Symptomen beschrieben, die sie nur zu gut aus ihrem eigenen Leben kennen: Bindungsprobleme mit Eltern und Kindern, innere Einsamkeit, rastlose Suche nach Sinn und Heimat, Ringen um Erfolg im Beruf. Sie beginnen zu verstehen, wie sich alte Glaubenssätze dysfunktional auswirken, wie sie bremsen und behindern und sich verdichten zu einem Leben wie „mit angezogener Handbremse“, wie Sabine Bode es plakativ nennt.
Dieser Blitzschlag der Erkenntnis bewirkt Erleichterung und Schock zugleich. Erleichterung, weil das drängende Gefühl, irgendwie falsch in dieser Welt zu sein, ein schwarzes Schaf, ein seltsamer Vogel, sich auflöst in dem Staunen, dass es offenbar Millionen Menschen genauso oder ähnlich geht. Dass es kein individuelles Versagen ist, sondern die Prägung einer Generation. In Seminaren oder bei Vorträgen erleben sie dann, wie die Gesichter ihrer Gegenüber in Wiedererkennen aufleuchten, wenn sie aus ihrer belasteten Kindheit und Jugend erzählen, von der Sehnsucht, endlich irgendwo anzukommen und den aktuellen Problemen mit den Eltern. Mitgefühl und Interesse statt Abwehr und Missbilligung – eine ungewohnte Erfahrung.
Bange Fragen zum Familienerbe
Aber die Entdeckung, ein Kriegsenkel zu sein, ist auch ein Schock. Zu lernen, wie geradezu determinierend die Geschichte der Großeltern und Eltern für das eigene Leben sein kann, widerspricht dem menschlichen Selbstkonzept als Subjekt, das sein Leben souverän nach eigenen Vorstellungen gestaltet. Dass der Zweite Weltkrieg, die Nazizeit, der Holocaust, dass Flucht und Vertreibung und die Verstrickung der Vorfahren darin im 21. Jahrhundert noch so wirkmächtig unser Dasein beeinflussen, ist bedrückend und schwer verständlich. Auch das Wissen, dass diese negativen Prägungen kommenden Generationen vererbt werden können, steht drohend im Raum. Die Forschungsergebnisse, die eine Weitergabe dieser Erfahrungen beweisen, sind für viele, die sich als Kriegsenkel entdeckt haben, schockierend. „Wenn wir das geerbt haben – was haben wir unseren Kindern vererbt?“ Es sind bange Fragen, die immer wieder gestellt werden.
Seminare als Resonanzraum
Seit einigen Jahren leite ich, der Autor dieser Zeilen, für den Verein Kriegsenkel e.V. Seminare mit dem Titel „Kriegsenkel – Annäherung an das Thema einer Generation“. Die Nachfrage wächst kontinuierlich, die allermeisten Seminare sind ausgebucht. Überhaupt bekommt das Thema immer mehr Publizität. Zu Vorträgen kommen hunderte Zuschauer. Jährlich gehen etwa 40.000 Anfragen beim Bundesarchiv und 30.000 beim Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge ein, mit denen Nachfahren die Geschichte ihrer Soldaten- oder Nazi-Väter und Großväter aufzuklären versuchen. Der Blick in die Akten ist nicht selten schockierend – aber letztlich wirkt es doch entlastend, das Schweigen über diese Geheimnisse endlich gebrochen zu haben, die Schuld, die die Vorfahren auf sich geladen haben, endlich anzuschauen.
In Seminaren, Vorträgen und Tagungen erlebe ich es immer wieder: Es ist das persönliche Leid, das erkenntnisleitend wirkt. Ihm können die Kriegsenkel, im Unterschied zu moralischen oder juristischen Kategorien, nicht entkommen. Es liegt nicht in unserer Hand, es „jetzt mal gut sein zu lassen“, „einen Strich zu ziehen.“ Das weiterhin wachsende Interesse an der Aufklärung der Familiengeschichte spricht dafür, dass immer mehr Menschen das entdecken. Sie wollen diese Gefühlserbschaften, wie Sigmund Freud sie nannte, endlich verstehen und sich davon befreien.
In ihrem Buch „Kriegsenkel“ schreibt Sabine Bode: „Es gibt in Deutschland keine Familie, an der der Krieg und die NS-Zeit spurlos vorbeigegangen sind. Der größte Teil der Bevölkerung will das auf sich beruhen lassen. Man sagt: Wir wollen an die alten Familiengeschichten nicht mehr denken, und was damals in Deutschland geschah, ist uns ja nun hinreichend bekannt. (...) Mag sein. Was aber sicher fehlt, ist ein Verständnis für die Auswirkungen dieser Vergangenheit. Was bedeutet diese Erbschaft für unsere persönliche Identität, für unsere Familienidentität und letztlich auch für unsere gesellschaftliche Identität?“.
Wichtige Fragen, auf die es bei der Herbstakademie der Lutherkirchengemeinde Leer spannende Antworten geben wird.
Sven Rohde ist Coach und Autor in Hamburg. Er ist 2. Vorsitzender des Kriegsenkel e.V. und leitet Seminare zum Thema.
Veranstaltungen in der Ev.-luth. Lutherkirchengemeinde Leer
ENTFÄLLT Ø Montag, 15.11.2021, 19.00 Uhr: Sabine Bode liest aus ihrem Buch „Kriegsenkel“
FINDET STATT Ø Mittwoch, 17.11.2021, 19.00 Uhr: „Der Krieg in mir“. Film des Filmemachers Sebastian Heinzel
FINDET STATT Ø Donnerstag, 25.11.2021, 19.00 Uhr: „Kriegskinder und Kriegsenkel – zwei, die es schwer miteinander haben.“ Vortrag von Michael Schneider, 1. Vorsitzender des Kriegsenkel e.V.
Ø Anfang 2022 (noch ohne konkreten Termin): „Kriegsenkel – Annäherung an das Thema einer Generation“. Seminar mit Sven Rohde
Bei allen Veranstaltungen werden Listen ausliegen, auf denen Interessierte ihre Kontaktdaten hinterlassen können!
Begegnungsräume für einen gesellschaftlichen Dialog über Abschied und Sterben
öso. Leer. Am Sonnabend, den 30. Oktober 2021, eröffnet Regionalbischof Dr. Detlef Klahr gemeinsam mit dem Künstler Uwe Appold um 16 Uhr dessen Ausstellung „…noch bist du da“ in der Lutherkirche in Leer. Durch die Veranstaltung zur Eröffnung führt Stadtpastor Ralph Knöfler. Für die musikalische Gestaltung sorgt Uwe Heger mit dem GoldsaxEnsemble.
„Der Dialog, in den der Künstler in seinen Gemälden mit ausgesuchten Gedichten eingetreten ist, eröffnet auch uns Begegnungsräume für einen gesellschaftlichen Dialog über Abschied und Sterben“, sagt Regionalbischof Klahr. „Ich freue mich sehr, dass die Bilder bis zum 1. Advent in Leer zu sehen sind. Damit ermöglichen sie gerade in der dunklen Jahreszeit mit den Sonntagen Volkstrauertag und Totensonntag eine besondere Form der Auseinandersetzung mit dem Thema der Vergänglichkeit des Menschen“, so Klahr.
Die Ausstellung handelt von dem Lebensthema Verlangsamung, Älter werden, Sterben und Abschied und ist benannt nach einem Gedicht von Rose Ausländer. Jedes Bild wird mit dem dazugehörigen Gedicht gezeigt. Fündig wurde der Flensburger Maler unter anderem bei Walther von der Vogelweide, Erich Fried, Friederike Mayröcker oder Rose Ausländer.
Ursprünglich rührte der Bilderzyklus aus der persönlichen Beschäftigung des 79-Jährigen mit dem Thema Tod her. Die Anfang dieses Jahres fertiggestellten 20 Bilder bekamen durch die Corona-Krise nun unerwartete Aktualität. „Ich möchte mit der Ausstellung jedoch nicht Corona illustrieren“, stellt der Künstler klar.
„Die Konfrontation mit der Endlichkeit unseres Lebens ist durch die Corona-Pandemie noch einmal verstärkt worden“, sagt die Initiatorin der Ausstellung, Dr. Katharina Rogge-Balke vom Haus kirchlicher Dienste in Hannover.
Die Ausstellung ist zugleich ein Gesprächsangebot. Begleitende Workshops und Veranstaltungen schaffen Begegnungsräume, in denen Menschen unterschiedlichen Alters und verschiedener Glaubensrichtungen ins Gespräch kommen können.
Die Wander-Ausstellung „… noch bist du da“ ist in allen sechs Sprengeln der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers zu sehen: In Hannover, Leer, im nächsten Jahr in Buxtehude, Celle, Osnabrück und Hildesheim. Sie wird gefördert von der Hanns-Lilje-Stiftung, der Klosterkammer Hannover und dem Versicherer im Raum der Kirchen.
Das Begleitprogramm zur Ausstellung wird vom Künstler und Referenten aus der Landeskirche Hannovers gestaltet und durch Veranstaltungen der diesjährigen Herbstakademie der Stiftung Lutherkirche Leer ergänzt:
Sonnabend, 30.10.2021, 16.00 Uhr: Vernissage mit Regionalbischof Dr. Detlef Klahr und Stadtpastor Ralph Knöfler. Musik: GoldsaxEnsemble Uwe Heger
Sonntag, 31.10.2021, 10.00 Uhr: Gottesdienst der Stadtkirchengemeinden zum Reformationstag in Leer, Stadtpastor Ralph Knöfler. Orgel: Kirchenmusikdirektor Joachim Gehrold
Donnerstag, 4.11.2021, 16.00 Uhr - 19.00 Uhr: „Was ich mir wünsche…“
Hoffnungen und Vorstellungen zu Papier bringen. Eine Schreibwerkstatt der besonderen Art mit Dr. Katharina Rogge-Balke (Haus kirchlicher Dienste Hannover) und Harald Schilbock, Kirchenkreise Celle und Soltau
Der Workshop kann dazu anregen, über das Testament hinaus einen guten Weg zu finden, das eigene Haus zu bestellen. Inspiriert durch die Bilder und Texte der Ausstellung „… noch bist du da“ gelingt es mit Hilfe eines Wunschbriefes, zu sagen, was einem wichtig ist für die letzte Lebensphase. Wie will ich wohnen? Was ist mir wichtig? Möchte ich mich mit jemandem aussprechen?
Auch nach dem Tod wirkt ein Leben weiter. Es lohnt sich, sich beizeiten darüber Gedanken zu machen.
„Erzähl mir deine Geschichte“. Ein generationsübergreifender Mal-Workshop mit Uwe Appold
Die Teilnahme ist ohne malerischen Grundkenntnisse möglich. Ziel ist es, eigene Stärken und die anderer im gemeinsamen Handeln zu entdecken und auszuprobieren. Alle Teilnehmenden erhalten zu Beginn eine Einführung in einfache Gestaltungsregeln. Gemalt wird mit Acrylfarben auf Leinwand. Die fertigen Bilder werden im Dialog mit Uwe Appolds Werken präsentiert. Alle Mitwirkenden bringen für ihre Arbeit eine Handvoll Erde ihrer Wahl mit. Es empfiehlt sich, alte Bekleidung anzuziehen. Materialien werden gestellt.
Sonntag, 14.11.2021, 10.00 Uhr: Gottesdienst am Volkstrauertag mit Regionalbischof Dr. Detlef Klahr unter Mitwirkung des Lutherchores
Montag, 15.11.2021, 19.00 Uhr: Kriegsenkel. Lesung mit Sabine Bode
Die Kriegsvergangenheit zeigt auch heute noch in vielen Familien Spuren, bis in die zweite und dritte Generation hinein. Jetzt meldet sich die Generation der Kinder der Kriegskinder zu Wort. Sie sind in den Zeiten des Wohlstands aufgewachsen. Noch ist es ein völlig neuer Gedanke, sich vorzustellen, ihre tief sitzende Verunsicherung könnte von den Eltern stammen, die ihre Kriegserlebnisse nicht verarbeitet haben. Ist es möglich, dass eine Zeit, die über 80 Jahre zurückliegt, so stark in ihr Leben als nachgeborene Kinder hineinwirkt? Sabine Bode lebt als freie Journalistin in Köln, schreibt Sachbücher und arbeitet für die Kulturredaktionen des Hörfunks von WDR und NDR. Ihr Buch „Kriegsenkel. Die Erben der vergessenen Generation“ liegt mittlerweile in der 27. Auflage vor.
Mittwoch, 17.11.2021, 19.00 Uhr: „Der Krieg in mir“. Ein Film von Sebastian Heinzel
Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass extreme Stresserfahrungen genetisch weitervererbt werden können. Sebastian Heinzel untersucht die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs auf seine Familie und folgt den Spuren seines Großvaters, der als Wehrmachtssoldat in Weißrussland war. Dabei entdeckt er erstaunliche Verbindungen zu seiner eigenen Geschichte und den Kriegsträumen, die ihn seit Jahren verfolgen. Sebastian Heinzel lebt als freier Autor und Filmemacher im Schwarzwald und arbeitet als Dozent an Hochschulen im In- und Ausland. Im Anschluss an die Vorführung steht der Regisseur zum Gespräch zur Verfügung.
Freitag, 19.11.2021, 16.00 Uhr - 19.00 Uhr: Ein Workshop zum Thema Abschiednehmen
Impulse für die, die gehen, und die, die bleiben mit Pastorin Anita Christians-Albrecht (Altenseelsorge, Zentrum für Seelsorge Hannover) und Pastorin Inken Richter-Rethwisch (Besuchsdienst, Haus kirchlicher Dienste Hannover)
In den Bildern von Uwe Appold und in dem Gedicht von Rose Ausländer „…noch bist du da“ finden sich berührende Aspekte, die bei Abschied und Trauer eine wesentliche Rolle spielen. In diesem Workshop möchten wir darüber in einen Austausch kommen und genauer darauf schauen, was wirklich hilft: denen, die gehen und denen, die bleiben. Ein Blick in die Ausstellung, Biographisches zu der Lyrikerin Rose Ausländer, Abschiednehmen im Wandel der Zeit und vor allem zwei Aspekte des Gedichts sollen diesen Austausch bereichern. Dabei dürfen auch eigene Erfahrungen zum Abschiednehmen zur Sprache kommen.
Sonntag, 21.11.2021, 10.00 Uhr: Gottesdienst am Ewigkeitssonntag mit Verlesen der verstorbenen Gemeindeglieder, Pastor Christoph Herbold mit Jugendlichen
Donnerstag, 25.11.2021, 19.00 Uhr: „Kriegskinder und Kriegsenkel – Zwei, die es schwer miteinander hatten und doch aufeinander angewiesen bleiben“. Vortrag von Michael Schneider
Der Kriegsenkel e. V. entstand 2010 in der Akademie Sandkrughof in Schnakenbek/Elbe und ist deutschlandweit aktiv. Sein Ziel ist es, einem vergessenen Thema einen sichtbaren Platz im gesellschaftlichen Gespräch zu geben. Er ist Anlaufstelle für Betroffene und am Thema Interessierte, er bündelt Informationen. Der Vorstand engagiert sich rein ehrenamtlich für den gemeinnützigen Verein. Michael Schneider ist Gründer und Vorsitzender des Kriegsenkel-Vereins sowie Co-Autor des 2015 erschienenen Buchs „Nebelkinder“, in dem Kinder und Enkel von NS-Tätern, Vertriebenen, Soldaten der Wehrmacht und Überlebenden des alliierten Bombenkrieges zu Wort kommen. Der studierte Philosoph lebt in Hamburg.
kkl Leer. „Ist das Kunst oder kann das weg?“ Diese Frage stellte sich Verantwortlichen der Lutherkirchengemeinde Leer, als sie beim Aufräumen auf dem Dachboden des Gotteshauses einen Vogel aus Holz fanden. Es stellte sich schließlich heraus, dass es sich um einen 255 Jahre alten Schild aus Eichenholz in Form des gekrönten Königlich-Preußischen Adlers, der das Wappen Ostfrieslands zeigt, handelte. Dieser hat nach der Restaurierung einen Platz im Turmfoyer der Lutherkirche gefunden. Pastor Christoph Herbold dankte bei einer kleinen Einweihungsfeier als Vertretern der Hans-Heyo-Prahm-Stiftung besonders Heike-Elisabeth Prahm vom Stiftungsrat und Stiftungsvorstand Bernd Böke. Die Stiftung hatte die Kosten in Höhe von 1700 Euro für die Restaurierung und die erklärende Tafel zum Kunstwerk übernommen. Ein Gespräch mit Stifterin Heike-Elisabeth Prahm habe die Möglichkeit eröffnet, den in „bemitleidenswertem Zustand“ befindlichen Schild wieder zu einem Schmuckstück machen zu lassen, erklärte Herbold. Der Gemeinde selbst habe nach anderen Investitionen und coronabedingten Kollekten-Einbrüchen das Geld gefehlt und auch ein Antrag bei der Ostfriesischen Landschaft sei abgelehnt worden.
Den entscheidenden Hinweis auf die Güte des Fundstücks gab als engagierter Heimatforscher Burghardt Sonnenburg. Der ehemalige Leiter des Leeraner Heimatmuseums, der zum Stadtmuseum Meppen wechselte, ist der Ledastadt weiter sehr verbunden und Mitglied im Stiftungsrat der Hans-Heyo-Prahm-Stiftung. Er machte darauf aufmerksam, dass der Schild an die Einweihung des Glockenturms der Lutherkirche am 1. Juli 1766 erinnert. Die Arbeiten am Schild wurden von Restaurator Lars Böhner aus Jever übernommen. Demnächst soll das Werk auch beleuchtet und gedreht werden können, damit beide Seiten zur Geltung kommen. Das will die Stiftung Lutherkirche Leer ermöglichen. „Die komplizierte ostfriesische Kirchengeschichte soll wahrheitsgemäß so dargestellt werden, dass die Verwerfungen früherer Jahrhunderte nicht die Ausstellung prägen“, sagte Herbold. Immerhin sei der Turmadler ja auch gefertigt worden, weil damit ein über 100 Jahre währender Kampf um den zweiten Turm von Leer mit einer Erlaubnis Friedrich II. endete. Der Pastor wies auf das gute Miteinander der Altstadtkirchen hin und erinnerte an das Bild der mit rot-weißen Wimpeln verbundenen Kirchtürme, das anlässlich des Turmfestes von 2016 von der Kreisfeuerwehr gemacht wurde. Es ist auch auf der Erklär-Tafel zu sehen.
Im Informationstext auf der Tafel heißt es unter anderem: „Über dem sechsfeldrigen Ostfriesland-Wappen von 1625 stehen die goldenen Initialen des ersten preußischen Königs Friedrich I. (1657 - 1713): „FR“ - Fredericus Rex. Auf der Rückseite findet sich das Bibelwort „Fürchtet Gott / Ehret den König“ (1. Petrusbrief 2,17), darunter eine Krone mit der Inschrift „FR“. Sie verweist auf den Preußenkönig Friedrich II. (1712-1786), der damals Landesherr der Ostfriesen war. Er hatte den Turmbau im März 1764 genehmigt.
Schild und Inschrift haben nicht nur eine kirchengeschichtliche, sondern auch eine politische Aussage. Sie sind Dokumente der Mühen, die mit dem lutherischen Kirch- und Turmbau in Leer verbunden waren. Laut der Emder Konkordate von 1599 war das reformierte Bekenntnis in Ostfriesland reichs- und kirchenrechtlich neben dem lutherischen Bekenntnis anerkannt worden. Mit den Konkordaten wurde zugleich festgelegt, dass die Gemeinden ihre Konfession zwar selbst bestimmen durften, in einem Ort aber nicht mehr als eine Konfession geduldet wurde. In Leer war die Gemeinde seit Beginn der Reformation reformiert ausgerichtet gewesen. Kirchen- und Turmbau gelangen dennoch mit Hilfe der lutherischen Fürstin Christine Charlotte von Ostfriesland (1645-1699) bzw. ab 1744 mit Hilfe des Königs von Preußen, die beide das Kirchenregiment für sich beanspruchten.
Der Schild ist aber auch ein Zeichen der Versöhnung. Mit der Preußenherrschaft wurde der zermürbende innerostfriesische Machtkampf nach fast zwei Jahrhunderten endlich überwunden.“
Musikalisch umrahmte Kirchenmusikdirektor Joachim Gehrold die Feierstunde an der Ahrend-Orgel. Anzuschauen ist das Kunstwerk während der regelmäßigen Öffnungen der Kirche von Juni bis Mitte September jeweils montags bis freitags von 15 bis 17 Uhr und sonnabends von 10.30 bis 12.30 Uhr sowie im Rahmen von Gottesdiensten und Veranstaltungen.
Seit 2018 fördert die Stiftung die Arbeit der Gemeindehelferin Thekla Behrends. Zwischenzeitlich haben sich Kirchenkreis und die Ev.-luth. Landeskirche Hannovers ebenfalls angeschlossen.
Die Stiftung Lutherkirche Leer hat im Frühjahr 2021 sieben Bänke auf dem Friedhof an der Heisfelder Straße überarbeiten lassen. Sie laden zum Verweilen, Innehalten und Erinnern ein.